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DIE TRAGSTANGE DES BARBIERS
In China - so konnte ich kürzlich erfahren - ,
da lebte vor einigen Dutzenden Jahren
ein fähiger Meister, ein fleißiger Mann,
der bot seine Dienste als Bartscherer an.
Tag für Tag lief er mindestens zehn bis zwölf Stunden
durch die Straßen der Stadt, auf der Suche nach Kunden.
Auf der Schulter trug er eine zwei Meter lange
lustig auf und ab wippende Bambusrohrstange.
An dem oberen Ende der Stange befand
sich ein hölzerner Kasten, voll mit allerhand
Messern, Scheren und Kämmen, Pinzetten und Klingen -
all den vielen verschied'nen Geräten und Dingen,
mit denen der Mann seine Kundschaft behandelt,
einen stachligen Kopf in 'nen glatten verwandelt.
An dem unteren Ende der Stange indessen
hing ein dampfender Topf, und darin war kein Essen,
sondern siedendes Wasser, denn das braucht unser Mann,
damit Schädel und Wangen er blitzblank scheren kann.
Diese Tragstange wurde mit der Zeit zum Symbol
für was allseits Bekanntes - ja was ist das denn wohl??
Eine Seite ist kochend, and're Seite ist kühl -
da verzehrt irgendjemand sich in Liebesgefühl;
doch vergebens: es kommt ihm kein Echo zurück,
keine zärtliche Stimme und kein schmachtender Blick.
Wo's nur einseitig brodelt und siedet und zischt,
ist's gewöhnlich mit inniger Zweisamkeit nischt!!
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