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AA 2008
(Zukunftsperspektiven...)

Es war im Jahr zweitausendacht
in einer heißen Tropennacht,
da trafen sich am Meeresstrand
sechs Menschen aus 'nem fernen Land.
Man lief sich plötzlich über'n Weg,
kam ohne weit'res ins Gespräch.
Sehr bald schon stellte sich heraus:
alle sind in Berlin zu Haus!
Und obendrein - ei siehe da - :
Jeder von uns ist beim AA !
Drauf prostet man sich erstmal zu
und einigt sich: "Wir sind per Du!";
nach ein paar weit'ren Worten dann
kommt einer mit der Frage an:
"Jetzt int'ressiert mich in der Tat
doch sehr, in welchem Referat
ihr euer täglich Brot verdient!"
Der erste räuspert sich und grient:
"Ich bin zuständig für IT !
Denn ohne sie - soweit ich seh' -
würd' unser Amt nicht funktionieren,
stattdessen kläglich kollabieren!"
Die zweite (eine junge Dame,
nicht von Bedeutung ist ihr Name)
sagt stolz: "Controlling ist mein Feld!
Was wäre ohne es die Welt?
Sie würde bald sich nicht mehr dreh'n,
würd' niemand nach dem Rechten seh'n,
was die Bediensteten so treiben,
wieviel sie reden, denken, schreiben,
wie lange sie in Meetings sitzen
und über Formularen schwitzen.
Mit Kameras in den Büros,
in der Kantine, auf den Klos
wird jeder allzeit kontrolliert -
drum wurd' Controlling eingeführt!"
Die dritte lässt sich lumpen nicht,
wirft ihr gesamtes Schwergewicht
in ihre Worte: "Dass ihr's wisst,
was das Gebiet der Zukunft ist,
höchst sinnvoll und auch bitter nötig:
ich bin in dem Bereiche tätig,
der - wie euch hoffentlich bekannt -
Gender Mainstreaming wird genannt.
Und falls dies einer hier und jetzt
"Geschlechts-Hauptströmung" übersetzt,
so kriegt der von mir eine Watschen,
dass es ihn hebelt aus den Latschen."
Drauf sitzt vor Schreck der Rest der Runde
erstarrt da mit weit off'nem Munde.
Doch kehrt zum allgemeinen Glück
die gute Stimmung bald zurück.
Der vierte meldet sich zu Wort:
"Ich arbeite an jenem Ort,
wo man des Dienstes Zukunft plant.
Denn wie ihr sicher alle ahnt,
findet nur dann die Zukunft statt,
wenn sie 'ne Perspektive hat.
Und so'n Projekt braucht unbedingt
'nen Namen, der nach etwas klingt."
Die and'ren stimmten eifrig zu:
"Sehr gut gesagt!" - worauf im Nu
den Namen nennt in einem Rutsch er:
"The Foreign Service in the Future".
(Na klar doch - Englisch muss es sein,
ansonsten akzeptiert's kein Schwein;
auf deutsch klingt's wirklich allzu piefig,
spießbürgerlich, verstaubt und miefig.)
Dann fährt er fort mit seiner Rede:
"Wir haben vor, zukünftig jede
Botschaft mit Ortskräften zu fahren -
so können wir 'ne Menge sparen:
all die horrenden Geldbeträge,
Versetzungskosten, Ortszuschläge
entfallen, lässt man die Geschäfte
besorgen durch lokale Kräfte.
Vom Botschafter bis zum Chauffeur -
wir hol'n uns Eingebor'ne her !
Das reduziert enorm die Kosten
besonders auf den höh'ren Posten."
Daraufhin kommt die fünfte an:
"So, Leute, jetzt bin ich wohl dran !
Ein Fachgebiet besond'rer Klasse
ist das, mit dem ich mich befasse.
Es nennt sich Feedback, und ihr wisst
doch sicher alle, was das ist.
Die Vorgesetzten müssen nun
sehr darauf achten, was sie tun.
Sollt' einer sich nicht gut aufführ'n,
kriegt er im Feedback es zu spür'n.
Wer seine Leute dumm anquatscht,
den Frauen nachstellt, sie betatscht,
sich sonstwie negativ benimmt,
dem wird im Feedback ganz bestimmt
bescheinigt, dass das so nicht geht.
Das ist sehr wirksam - ihr versteht - :
entlassen kann man ihn zwar schlecht
(dafür sorgt das Beamtenrecht),
doch schon die Peinlichkeit allein,
nicht sonderlich beliebt zu sein,
veranlasst manchen, sich zu wandeln
und fortan ordentlich zu handeln." - -
Der sechste saß mit rotem Kopf
verschüchtert da, der arme Tropf.
Die and'ren sah'n erstaunt ihn an:
"Sag' mal, was fehlt dir, guter Mann ?"
Der Ärmste stotterte verlegen:
"Ich schäm' mich so, und zwar deswegen,
weil meine Arbeit allgemein
als niedrig gilt und gar nicht fein..."
Drauf senkte er ganz tief den Blick:
"Mein Job ist Außenpolitik !
Wenn irgendwo auf dieser Welt
ein Krieg ausbricht, 'ne Krise schwelt,
wenn Flüchtlingselend, Hungersnot
Millionen Menschen grausam droht,
wenn Terroristen das umsetzen,
wozu Fanatiker sie hetzen:
ich bringe dann - ja glaubt es mir -
den deutschen Standpunkt zu Papier.
Ich schreibe für den Herrn Minister
die Vorlagen - mit denen ist er
gerüstet, um in allen Lagen
die deutsche Haltung vorzutragen.
Die Arbeit tu' ich ganz allein,
oft spät bis in die Nacht hinein.
Doch ist es mir noch nie passiert,
dass dieses jemand honoriert.
Drum sage ich nicht ohne Grund:
Ich bin im Haus der ärmste Hund !"
Die and'ren packte kaltes Schauern:
"Mensch, du bist wirklich zu bedauern !
Wer unter diesem Frondienst leidet,
der wird tatsächlich nicht beneidet.
Doch lieber Freund, verzage nicht,
die Rettung ist bereits in Sicht:
dein Posten wird bald aussortiert
und an Private delegiert."
Weil diese Auskunft ihn beglückt,
lächelt der gute Mann verzückt,
verzog's Gesicht und hauchte: "Cool!" -
mit diesem Wort sank er vom Stuhl.
Einer begriff's gleich: "Exitus !
Ich schätz', mit uns'rem Freund ist Schluss !
Ich ruf gleich morgen in der Früh'
die Firma "Consul Company".
Die überführt nicht nur den Leichnam,
sondern sie regelt auch den Schreibkram.
Ein jedes Konsularproblem
erledigt sie schnell und bequem.
Wie gut, dass man für solche Taten
sich stützen kann auf die Privaten !"